Was ist Schnappschussfähigkeit?


„Der Schnappschuss und sein Meister“ ist der Titel eines Buches über Henri Cartier-Bresson. Nun konnte man mit der damals vorhandenen analogen Kameratechnik für damalige Verhältnisse offenkundig gute Schnappschüsse machen. Heute wird technisch anderes angeboten.

Und in diesem Zusammenhang spielen auch die Schnappschussfähigkeit und die Schnappschusstauglichkeit eine Rolle. Um diese Frage konkret zu beantworten greife ich mir eine aktuelle Kamera heraus, die Casio EX-ZR200.

Casio selbst schreibt dazu: „Während andere Kameras noch das Objektiv ausfahren, machen Sie mit der EX-ZR200 längst die besten Fotos und Videos: In ca. 0,98 Sekunden ist die EX-ZR200 einsatzbereit. Um unterschiedliche Motive schnell einzufangen, können Sie mehrere Fotos hintereinander in einem zeitlichen Abstand von nur ca. 0,27 Sekunden aufnehmen. Außerdem ist die Kamera mit einem sehr schnellen Highspeed-Autofokus ausgestattet: Dieser benötigt gerade mal ca. 0,13 Sekunden, um einen Fokuspunkt zu finden und scharf zu stellen. So verpassen Sie keinen schönen, spannenden oder einzigartigen Moment mehr.“

Was ist Schnappschusstauglichkeit und was nicht mehr?

Chip.de nennt eine Auslöseverzögerung von 0,33 Sekunden für z.B. die Sony WX1 „richtig flott“ und für die Powershot S100 werden 0,37 Sekunden als „ausreichend flink“ angesehen. Für die Powershot G1X stellen die Tester von chip.de fest: „Der Autofokus braucht zum Schärfen 0,54 Sekunden im Weitwinkel und 0,67 Sekunden im Tele – knapp an der Schnappschusstauglichkeit vorbei.“

Ich denke, das zeigt den Rahmen für die Beurteilung der Schnappschusstauglichkeit. Man kann dies nun zunächst gleichsetzen mit dem Wort Auslöseverzögerung.

Schnappschusstauglichkeit = Auslöseverzögerung ?!

So wird auf digicam-beratung.de geschrieben: „Die Auslöseverzögerung ist die Zeitspanne vom Betätigen des Auslösers bis zum Erstellen des Bildes. Die Zeit setzt sich zusammen aus der Zeit für das Fokussieren, die Belichtungsmessung und dem eigentlichen Auslösen des Verschlusses. Wenn man, durch halbes Betätigen des Auslösers, vorfokussiert, erreicht man die geringstmögliche Auslöseverzögerung, da die AF-Zeit entfällt.“

Schnappschusstauglichkeit = Auslöseverzögerung + Serienbildmöglichkeiten + Videofähigkeiten?

Heute muss offenbar die Schnappschusstauglichkeit ergänzt werden um die Serienbildgeschwindigkeit und die Videofähigkeiten. Dazu zunächst ein Video, das sich mit den Videofähigkeiten der EX-ZR200 beschäftigt. Der Autor kommt zum Schluss, dass nun eine 2008 knapp tausend Dollar teure Kamera mit richtig guten Videofähigkeiten von Casio in der Casio EX-ZR200 ihre Wiederauferstehung feiert.

So interessant dieses Video ist, so anders argumentiert der Autor des folgenden Videos:

Ich habe diese beiden Videos ausgewählt, weil sie zeigen, wie unterschiedlich man etwas bewerten kann. Während der Eine völlig zufrieden damit ist, aus einer Reihe von Möglichkeiten die richtige Videogeschwindigkeit und Auslöseverzögerung auswählen zu können, ist der Andere völlig unzufrieden damit, dass er nicht alles manuell einstellen kann.

Achten Sie mal auf die Fokusebene in den beiden Videos. Im oberen Video wird ein Beispiel gezeigt, bei dem die Kamera gleichmäßig die Bewegung des Golfers an einer horizontalen Linie aufzeichnen kann. Im unteren Video steht die Kamera hinter dem Golfer, so dass quasi eine vertikale Bewegung erfolgt, bei der der Golfer nur an einem Punkt des Bewegungsablaufes scharfgestellt werden kann.

Von der Schnappschusstauglichkeit zum Schnappschuss

Aber eigentlich kommt es mir darauf an, zu zeigen, dass die Schnappschusstauglichkeit allein noch keine Schnappschüsse garantiert.

Denn der Weg zum Bild erfolgt über das Erkennen der Situation, dem Klarmachen der Kamera, dem Scharfstellen und dem Auslösen bei einem einzelnen Foto.

Und dann kommt es auf die Situation an. Aber selbst dies reicht nicht.

Abdrücken reicht nicht

Denn die Kamera kann den subjektiven, gestaltenden und auswählenden Blick der Fotografin und des Fotografen nicht ersetzen.

Und genau hier möchte ich die Schnappschussfähigkeit einführen.

Es gibt eben nicht nur die Schnappschusstauglichkeit der Kamera, um eine kurze Auslöseverzögerung zu ermöglichen. Es gibt auch die Fähigkeit der/des Fotografierenden, eine Situation zu erfassen und festzuhalten. Das ist die Schnappschussfähigkeit und nur dies macht die Individualität von Fotos aus.

Fazit

So ist die Schnappschussfähigkeit eine Fähigkeit von Menschen und die Schnappschusstauglichkeit eine Eigenschaft von Fotoapparaten, eine fotografisch interessante Situation zu erkennen und festzuhalten.

Dies zusammen kann zu jeder Jahreszeit wunderbare Schnappschüsse ermöglichen. Na dann!

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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